Welche JAZ ist realistisch bei Wärmepumpen? Feld-Studie des Fraunhofer Instituts liefert Antworten zur Effizienz von Wärmepumpen
- Benjamin Fritz

- vor 33 Minuten
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Fragst du dich welche JAZ realistisch ist bzw. wie effizient Wärmepumpen wirklich arbeiten – also nicht im Labor, sondern im echten Alltag? Diese Frage stand im Mittelpunkt zahlreicher Forschungsprojekte der letzten zwanzig Jahre. Überall in Europa – von Deutschland über die Schweiz bis Frankreich – wurden tausende Anlagen im laufenden Betrieb messtechnisch begleitet.
Das Ergebnis ist eindeutig: Moderne Wärmepumpen arbeiten unter realen Bedingungen deutlich effizienter, als viele vermuten. Besonders die Langzeitmessungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) liefern mit über zwei Jahrzehnten Forschung den umfassendsten Datensatz zur tatsächlichen Effizienz.
Anhand der sogenannten Jahresarbeitszahl (JAZ) – dem Verhältnis von erzeugter Wärme zu eingesetztem Strom – lässt sich heute sehr genau bestimmen, was realistisch ist. Der folgende Überblick fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und zeigt, wie effizient Wärmepumpen im Alltag wirklich arbeiten.
Die wichtigsten Ergebnisse zuerst
Feldmessungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) und weiterer europäischer Forschungsprojekte zeigen: Wärmepumpen sind im Alltag effizient, robust und längst praxiserprobt:
Luft oder Erdreich? Hohe Effizienz ist Standard: Luft/Wasser-Wärmepumpen erreichen im Schnitt eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,2, Erdreichanlagen sogar 4,2. Beide Systeme liefern stabile Ergebnisse.
Auch im Altbau effizient: Selbst in älteren Gebäuden mit Heizkörpern erzielen Wärmepumpen JAZ-Werte von 3,0 und mehr.
Kälte ist kein Problem: Auch bei -10 °C liefern Wärmepumpen mehr als doppelt so viel Wärme, wie sie an Strom verbrauchen.
Regelung ist der Effizienzschlüssel: Eine gut eingestellte Heizkurve kann die JAZ deutlich verbessern.
Baujahr egal: Nicht das Alter des Hauses, sondern der Sanierungszustand und die richtige Systemintegration sind entscheidend.
Diese Erkenntnisse beruhen auf tausenden realen Messungen – keine Laborwerte, sondern echte Alltagsergebnisse.
Entwicklung der Effizienz von Wärmepumpen im Realbetrieb
Ein Blick auf die Langzeitmessungen des Fraunhofer ISE und weiterer europäischer Studien zeigt deutlich: Die reale Effizienz von Wärmepumpen hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich verbessert.

In den frühen 2000er-Jahren lagen die durchschnittlichen Jahresarbeitszahlen (JAZ) von Luft/Wasser-Wärmepumpen im Bestand noch bei rund 2,6. Diese Werte spiegelten den damaligen Stand der Technik wider – mit einfacheren Regelungen, weniger optimierten Hydrauliken und geringerer Gerätequalität.
In späteren Untersuchungsphasen des Fraunhofer ISE (2018/19) stieg die mittlere Effizienz bereits auf 3,1, und in der aktuellsten Auswertung (2024) wurden Werte von 3,4 erreicht. Die parallel laufende Studie der ETH Zürich und der OST St. Gallen ermittelte sogar einen Durchschnitt von 3,7.
Dieser Anstieg lässt sich klar auf technische und planerische Fortschritte zurückführen:
Verbesserte Verdichtertechnologien und Kältemittel mit höherer Leistungsfähigkeit,
intelligentere Regelungsstrategien, die sich an reale Betriebsbedingungen anpassen,
sowie optimierte Systemintegration durch geschulte Fachhandwerker.
Die Daten belegen damit nicht nur den Fortschritt einzelner Geräte, sondern auch den Reifegrad der gesamten Wärmepumpentechnologie. Jede neue Generation arbeitet stabiler, effizienter und anpassungsfähiger – ein Trend, der sich in der Praxis unmittelbar in niedrigeren Betriebskosten und geringerem Stromverbrauch niederschlägt.
Luft vs. Erdreich: Wärmepumpe-Effizienz-Vergleich
Neben den Luft/Wasser-Wärmepumpen wurden in allen großen Studien auch Systeme untersucht, die ihre Energie aus dem Erdreich beziehen. Dabei zeigt sich ein konsistentes Muster: Erdreich-Wärmepumpen arbeiten im Durchschnitt um rund einen Effizienzpunkt besser als Luftsysteme.

Die Erklärung liegt in der Physik der Wärmequelle. Während die Außenluft im Winter starken Temperaturschwankungen unterliegt, bleibt die Temperatur im Erdreich – meist in Tiefen von 50 bis 100 Metern – über das ganze Jahr hinweg relativ konstant. Diese höhere Quelltemperatur führt dazu, dass der Verdichter der Wärmepumpe weniger Energie aufwenden muss, um die erforderliche Heiztemperatur zu erreichen.
Im Mittel erzielen Erdreich-Wärmepumpen eine JAZ von etwa 4,2, während Luft/Wasser-Systeme bei 3,2 liegen. Der Vorteil zeigt sich vor allem in kalten Monaten, wenn Luftsysteme naturgemäß größere Temperaturdifferenzen überwinden müssen.
Allerdings ist der höhere Wirkungsgrad mit einem größeren Installationsaufwand verbunden: Bohrungen für Erdsonden oder Flächenkollektoren erfordern höhere Anfangsinvestitionen und eine sorgfältige Planung.
Trotzdem bleibt das Fazit eindeutig:
Erdreich-Wärmepumpen sind in der Effizienz führend,
Luft/Wasser-Wärmepumpen punkten durch einfachere Installation und sinkende Kosten.
Beide Systeme haben ihre Berechtigung – entscheidend ist die richtige Wahl für das jeweilige Gebäude und die lokalen Gegebenheiten. Die Feldstudien zeigen klar: Wer eine Wärmepumpe fachgerecht plant und installiert, erreicht in beiden Fällen stabile und wirtschaftliche Ergebnisse.
Effizienz von Wärmepumpen im Altbau und mit Heizkörpern
Eines der am weitesten verbreiteten Vorurteile gegenüber Wärmepumpen lautet, sie seien nur in Neubauten mit Fußbodenheizung effizient einsetzbar. Die Feldstudien widerlegen diese Annahme eindeutig.
Auch in älteren Gebäuden mit klassischen Heizkörpern können Wärmepumpen hohe Effizienzen von 3,0 und mehr erreichen – vorausgesetzt, die Systemtemperaturen bleiben niedrig.
Entscheidend ist nicht das Baujahr des Hauses, sondern dessen energetischer Zustand und die Auslegung des Heizsystems. Untersuchungen zeigen: Gebäude mit modernisierten Heizkörpern oder größeren Wärmeübergabeflächen erreichen nahezu die gleichen Effizienzen wie Anlagen mit Flächenheizungen. Eine hydraulische Optimierung und die richtige Einstellung der Heizkurve sind dabei zentrale Erfolgsfaktoren.
Selbst in unsanierten oder nur teilweise sanierten Bestandsgebäuden kann der effiziente Betrieb funktionieren, wenn die Wärmepumpe richtig dimensioniert und eingestellt ist. Wichtig ist, dass genügend Heizfläche vorhanden ist, um die Raumtemperaturen auch bei niedrigen Vorlauftemperaturen komfortabel zu halten.
Das Fazit der Forscher: Das Alter des Gebäudes spielt eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind Planung, Integration und Anpassung des Heizsystems – dann arbeitet die Wärmepumpe auch im Altbau wirtschaftlich und zuverlässig.
Bewährungsprobe: Effizienz von Wärmepumpen im Winter
Ein häufig geäußerter Zweifel betrifft die Leistungsfähigkeit von Wärmepumpen bei starkem Frost. Die Feldstudien des Fraunhofer ISE und der französischen ADEME zeigen jedoch deutlich: Moderne Wärmepumpen bewältigen auch tiefe Temperaturen zuverlässig.
In der kältesten Messperiode des Fraunhofer-Projekts im Februar 2021 lag die mittlere Außentemperatur bei -3,6 °C, einzelne Anlagen arbeiteten sogar bei -10 °C. Trotzdem erzielten die Geräte eine durchschnittliche Jahresarbeitszahl (JAZ) von 2,3 – die Bandbreite reichte von 1,6 bis 2,8. Damit lieferten die Anlagen selbst unter extremen Bedingungen mehr als doppelt so viel Wärmeenergie, wie sie an Strom verbrauchten.
Nur wenige Systeme mussten in dieser Zeit auf elektrische Heizstäbe zurückgreifen, und selbst dann blieben die Effizienzen auf hohem Niveau. Ähnliche Ergebnisse bestätigte die ADEME-Studie während einer Kältewelle im Januar 2024 mit Durchschnittstemperaturen von rund -4 °C und einer gemessenen mittleren Effizienz von 2,0.
Die Daten belegen: Wärmepumpen bleiben auch bei Frost stabil, zuverlässig und effizient – und sind damit längst wintertauglich. Selbst in Phasen strenger Kälte sichern sie den Heizkomfort, ohne die Stromnetze übermäßig zu belasten.
Weitere zentrale Ergebnisse im Überblick
Die Auswertung der Feldmessungen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich zeigt ein klares Bild: Wärmepumpen sind längst zu einer ausgereiften und effizienten Heiztechnologie geworden. Die gemessenen Jahresarbeitszahlen (JAZ) belegen, dass hohe Effizienz im Alltag eher die Regel als die Ausnahme ist.
1️⃣ Hohe Effizienz ist die Regel
Im Mittel erreichen Luft/Wasser-Wärmepumpen eine JAZ von 3,2, während Erdreich-Wärmepumpen durchschnittlich 4,2 erzielen. Die Ergebnisse verschiedener Studien – vom Fraunhofer ISE bis zur ETH Zürich – zeigen zudem einen stetigen Effizienzanstieg über die Modellgenerationen hinweg. Moderne Systeme arbeiten deutlich besser als ältere Anlagen aus den 2000er-Jahren.
2️⃣ Kein Muss für Flächenheizung
Ein weit verbreitetes Vorurteil lautet, dass Wärmepumpen nur mit Fußbodenheizung effizient arbeiten. Die Feldmessungen widerlegen das klar: Auch in Gebäuden mit klassischen Heizkörpern können hohe Effizienzen erreicht werden – vorausgesetzt, die Vorlauftemperaturen bleiben niedrig. Entscheidend ist also nicht das Heizsystem, sondern die Systemtemperatur.
3️⃣ Regelung als Effizienzschlüssel
Die Studien betonen übereinstimmend, dass die größte Stellschraube in der korrekten Einstellung der Regelung liegt. Heizkurven, Taktraten und Standby-Verbräuche beeinflussen die Effizienz maßgeblich. Eine einfache Faustregel: Wird die Heizkurve parallel um 1 °C abgesenkt, verbessert sich die JAZ um etwa 0,1. Die Systemintegration und Nachjustierung sind damit oft wirksamer als jeder Geräteaustausch.
4️⃣ Baujahr ist zweitrangig
Entgegen der gängigen Annahme hängt die Effizienz nicht direkt vom Baujahr eines Gebäudes ab. Viel entscheidender sind der aktuelle Sanierungszustand und die daraus resultierende niedrige Systemtemperatur. Selbst unsanierte oder teilweise sanierte Häuser können mit Wärmepumpen effizient betrieben werden, wenn Planung und Einstellung stimmen.
5️⃣ Stabile Leistung bei Kälte
Auch während Kälteperioden zeigen Wärmepumpen robuste Werte. In den untersuchten Fällen lag die Effizienz selbst bei Außentemperaturen um -5 bis -10 °C noch zwischen 2,0 und 2,3. Nur wenige Anlagen mussten in dieser Zeit auf Heizstäbe zurückgreifen – ein Beleg für die Wintertauglichkeit moderner Systeme.
Fazit:Die europäischen Feldmessungen bestätigen: Die Wärmepumpe ist technisch ausgereift und praxiserprobt. Die Herausforderung liegt weniger in der Gerätetechnologie als in der Qualität von Planung, Installation und Systemoptimierung – dort entscheidet sich, wie hoch die reale Effizienz am Ende ausfällt.
Fazit: JAZ von Wärmepumpen zwischen 3 und 4,5 realistisch
Die Ergebnisse der Feldmessungen lassen keinen Zweifel: Wärmepumpen sind heute eine ausgereifte und alltagstaugliche Heiztechnologie – auch jenseits von Neubauten. Sie arbeiten effizient, zuverlässig und kommen mit unterschiedlichsten Gebäudetypen zurecht.
Während ältere Studien noch moderate Werte zeigten, erreichen aktuelle Anlagen im Realbetrieb JAZ-Werte zwischen 3 und 4,5 – teils sogar darüber. Damit liefern sie mehr als dreimal so viel Wärmeenergie, wie sie an Strom benötigen.
Ob Luft- oder Erdwärmepumpe, Altbau oder Neubau: Entscheidend für die tatsächliche Effizienz sind Planung, Installation und die richtige Einstellung der Regelung. Fachgerechte Umsetzung und regelmäßige Nachjustierung sind der Schlüssel, um das volle Potenzial auszuschöpfen.
Für private Hausbesitzer bedeutet das: Wer auf eine sorgfältige Planung, gute Fachbetriebe und optimale Systemintegration setzt, kann seine Heizkosten deutlich senken – und dabei klimafreundlich heizen.
Die Wärmepumpe hat ihre Bewährungsprobe längst bestanden – sie ist nicht nur effizient, sondern bereit für den flächendeckenden Einsatz im Bestand.




















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