Rebound-Effekte sind ein oft unterschätztes Phänomen, das gerade für Eigenheimbesitzer von großer Bedeutung ist. Viele investieren in energieeffiziente Technologien, um Kosten zu sparen und einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Doch was passiert, wenn diese Einsparungen durch verändertes Verhalten oder neue Konsumgewohnheiten wieder aufgehoben werden? In diesem Beitrag erfährst du, was Rebound-Effekte sind, wie sie entstehen und wie du sie in deinem Zuhause vermeiden kannst.
Was sind Rebound-Effekte?
Der Rebound-Effekt beschreibt den Effekt, dass ein Teil der durch Energieeffizienz erwarteten Einsparungen in der Praxis wieder zunichte gemacht wird.
Im Kontext privater Gebäudeeigentümer bedeutet dies: Wenn z. B. ein Haus durch Dämmung oder effiziente Heiztechnik weniger Energie verbrauchen sollte, kann es passieren, dass die Bewohner einen Teil der Einsparung durch geändertes Verhalten aufbrauchen. Man unterscheidet dabei:
Direkter Rebound – die effizientere Energiedienstleistung (Heizen, Beleuchten etc.) wird stärker genutzt, weil sie günstiger geworden ist (z. B. länger oder wärmer heizen).
Indirekter Rebound – das eingesparte Geld wird für andere energieverbrauchende Güter/Dienstleistungen ausgegeben (z. B. für eine Flugreise oder neue Elektrogeräte), was wiederum Energie verbraucht
.
In der Folge werden die tatsächlichen Energieeinsparungen oft geringer ausfallen als technisch prognostiziert. Wichtig ist, dass der Rebound-Effekt die Effizienzgewinne mindert, aber normalerweise nicht vollständig aufhebt – die meisten Effizienzmaßnahmen bringen immer noch eine Netto-Ersparnis, nur eben eine etwas geringere.
Rebound-Effekte: Welche Arten gibt es?
Energieeffizienz in Wohnungen und Häusern verspricht weniger Verbrauch und niedrigere Kosten – doch in der Praxis machen verschiedene direkte und indirekte Effekte einen Teil der Einsparungen wieder zunichte.
a) Finanzielle Rebound-Effekte
Diese Effekte entstehen dadurch, dass durch energieeffiziente Maßnahmen eingesparte Kosten zu zusätzlichem, oft energieintensivem Konsum oder Investitionen führen.
Einkommenseffekt: Kosteneinsparungen durch energieeffiziente Heizsysteme oder Dämmmaßnahmen führen dazu, dass Hausbesitzer das eingesparte Geld für andere energieintensive Anschaffungen oder Aktivitäten nutzen (z. B. eine größere Wohnfläche beheizen oder mehr elektrische Geräte anschaffen).
Re-Investitionseffekt: Vermieter investieren Gewinne aus Einsparungen durch Effizienzmaßnahmen möglicherweise in neue Bauprojekte, die insgesamt den Energieverbrauch erhöhen können.
Marktpreiseffekt: Eine höhere Nachfrage nach energieeffizienten Gebäuden kann dazu führen, dass energieintensive Baumaterialien günstiger werden, was indirekt zu einem höheren Energieverbrauch in anderen Bereichen führt.
b) Materielle Rebound-Effekte
Diese Effekte resultieren aus dem Energie- und Ressourcenaufwand, der bereits bei der Herstellung oder Sanierung energieeffizienter Technologien anfällt, wodurch ein Teil der erwarteten Einsparungen kompensiert wird.
Embodied-Energy-Effekt: Der Bau energieeffizienter Gebäude oder die Sanierung bestehender Häuser erfordert große Mengen an Energie und Ressourcen (z. B. Dämmstoffe, moderne Heizsysteme), die die langfristige Energieeinsparung teilweise kompensieren.
Neue-Märkte-Effekt: Die Schaffung von Märkten für smarte Gebäudetechnik und energieeffiziente Geräte kann zu einem steigenden Gesamtverbrauch von Ressourcen und Energie führen (z. B. durch mehr elektronische Steuerungssysteme oder energieintensive Smart-Home-Geräte).
Konsum-Akkumulationseffekt: Hausbesitzer behalten oft ältere Geräte zusätzlich zu neuen, energieeffizienten Geräten, anstatt sie zu ersetzen (z. B. Nutzung eines alten Kühlschranks als Zweitgerät im Keller oder der Garage).
c) Psychologische Rebound-Effekte
Diese Effekte beruhen auf veränderten Wahrnehmungen und Verhaltensweisen der Nutzer, die dazu führen, dass Einsparungen bei der Energieeffizienz zu einem insgesamt höheren Verbrauch führen.
Moral-Hazard-Effekt: Bewohner eines gut gedämmten Hauses könnten dazu neigen, weniger bewusst mit Energie umzugehen, indem sie Räume stärker beheizen oder Fenster öfter geöffnet lassen.
Moral-Leaking-Effekt: Nach einer energetischen Sanierung fühlen sich Hausbesitzer möglicherweise weniger verpflichtet, weitere umweltfreundliche Maßnahmen zu ergreifen (z. B. verstärkter Einsatz von Klimaanlagen im Sommer, weil das Haus nun im Winter effizient beheizt wird).
Moral-Licensing-Effekt: Wer in nachhaltige Baumaterialien investiert hat, könnte dies als Rechtfertigung nutzen, in anderen Bereichen weniger nachhaltig zu handeln (z. B. größere Wohnfläche, intensivere Nutzung von Warmwasser).
Konsum-Rationalisierungseffekt: Durch energiesparende Technologien wird der Komfort gesteigert, was zu einer stärkeren Nutzung führt (z. B. häufiger längere Duschzeiten, weil Warmwasser effizienter bereitgestellt wird).
d) Cross-Factor-Rebound-Effekte
Diese Effekte ergeben sich aus Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Produktivitäts- und Investitionsfaktoren, wodurch Effizienzsteigerungen in einem Bereich zu einer Zunahme des Energieverbrauchs in anderen Bereichen führen können.
Arbeitsproduktivitäts-Rebound: Technologische Effizienzsteigerungen im Gebäudebereich können dazu führen, dass der Bau oder die Sanierung von Gebäuden insgesamt zunimmt, wodurch der Energiebedarf langfristig steigt.
Kapitalproduktivitäts-Rebound: Wenn Immobilienbesitzer durch energetische Maßnahmen ihre Betriebskosten senken, investieren sie diese Einsparungen möglicherweise in weitere Projekte, die zusätzlichen Energieverbrauch verursachen (z. B. ein Anbau, Wintergärten oder eine zweite Immobilie).
Multiple Cross-Factor-Effekte: Effizienzsteigerungen in Heizsystemen, Klimatisierung oder Gebäudesteuerungssystemen führen oft dazu, dass Menschen mehr Komfort genießen und die gewonnenen Möglichkeiten ausnutzen (z. B. größere Räume dauerhaft beheizt halten oder mehr elektrische Geräte nutzen).
Im Folgenden zeigen wir dir empirische Zahlen aus Studien und Messungen, um die Größenordnung dieser Effekte im Gebäudesektor greifbar zu machen.
Wie stark ausgeprägt sind Rebound-Effekte im Eigenheim?
Rebound-Effekte sind im Eigenheim zwar messbar, aber unterschiedlich stark ausgeprägt.
Allgemeines Ausmaß des Rebound-Effekts
Empirische Studien zeigen, dass der Rebound-Effekt je nach Gebäudeart, Region und Maßnahme zwischen 10 % und 60 % der theoretischen Einsparungen betragen kann.
In bestimmten Fällen kann der Rebound-Effekt sogar über 100 % liegen (Backfire-Effekt), sodass Effizienzsteigerungen zu einem absoluten Mehrverbrauch führen.
Direkte Rebound-Effekte
Heizenergieverbrauch: In Deutschland haben Verbesserungen in der Gebäudedämmung dazu geführt, dass der Heizenergieverbrauch pro Quadratmeter gesenkt wurde. Gleichzeitig stieg jedoch die durchschnittliche Wohnfläche pro Person zwischen 1995 und 2005 um etwa 13 %, was einen Großteil der Einsparungen aufhob.
Nutzung von Klimaanlagen: In energieeffizienten Häusern kann der vermehrte Einbau und intensivere Nutzung von Klimaanlagen dazu führen, dass ein erheblicher Teil der Heizenergieeinsparungen durch den erhöhten Stromverbrauch kompensiert wird.
Indirekte Rebound-Effekte
Zweitgeräte und größere Wohnfläche: Eine Untersuchung aus mehreren europäischen Ländern zeigt, dass Haushalte mit energieeffizienten Geräten wie Kühlschränken oder Waschmaschinen oft dazu neigen, Zweitgeräte zu behalten oder größere Wohnungen zu beziehen, was den Energieverbrauch um bis zu 30 % erhöhen kann.
Embodied Energy: Der Energieaufwand für die Herstellung von Dämmmaterialien, smarten Heizsystemen oder energieeffizienten Fenstern kann bis zu 15 % der gesamten Lebenszyklus-Einsparung wieder auffressen.
Solar-Rebound:
Besonders bei Haushalten mit eigener Photovoltaikanlage zeigt sich ein sogenannter Solar-Rebound – also ein Mehrverbrauch an Strom nach der Installation der PV-Anlage. Laut einer Studie des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung liegt dieser Effekt in Deutschland bei etwa 12 Prozent. Das bedeutet, dass Haushalte nach der Installation einer Solaranlage ihren Stromverbrauch nicht in dem Maße reduzieren, wie es theoretisch möglich wäre.
Ein Grund dafür ist die veränderte Nutzung: Wer eigenen Solarstrom produziert, neigt dazu, elektrische Geräte häufiger zu nutzen oder größere Verbraucher wie Trockner oder Klimaanlagen öfter einzusetzen, da der Strom als „kostenlos“ empfunden wird. Gleichzeitig werden oft weitere Investitionen in Elektromobilität oder Wärmepumpen getätigt, die den Strombedarf zusätzlich erhöhen.
Internationaler Vergleich: Vergleicht man die Zahlen international, zeigt sich, dass der Solar-Rebound in Australien und den USA bei etwa 20 Prozent liegt. In Deutschland fällt er geringer aus, was unter anderem an der bisherigen Einspeisevergütung liegt, die Haushalte dazu motivierte, möglichst viel Strom ins Netz einzuspeisen. Mit sinkenden Einspeisevergütungen und steigenden Strompreisen könnte sich das Verhalten künftig weiter verändern – entweder durch eine noch stärkere Eigennutzung oder durch eine bewusstere Stromsparstrategie.
Obwohl der Rebound-Effekt in Deutschland vergleichsweise moderat ausfällt, untergräbt er das volle Einsparpotenzial von Photovoltaik. Das bedeutet: Wer wirklich nachhaltig Strom sparen möchte, sollte sich bewusst machen, dass auch mit einer PV-Anlage ein effizienter Umgang mit Energie entscheidend bleibt.
Gesamtbilanz bei Gebäuden
Meta-Analysen weisen darauf hin, dass der gesamtwirtschaftliche Rebound-Effekt für Gebäude langfristig bei 50 % oder mehr liegt. Das bedeutet, dass nur etwa die Hälfte der theoretisch möglichen Einsparungen tatsächlich realisiert wird.
In Industrieländern wurde in den letzten Jahrzehnten die Energieeffizienz im Wohngebäudesektor um etwa 30 % verbessert, während der Gesamtenergieverbrauch aufgrund größerer Wohnflächen, höherem Komfortniveau und zunehmendem Gerätebesitz kaum gesunken ist.
Die quantitativen Auswirkungen des Rebound-Effekts im Gebäudebereich sind erheblich und reduzieren das Einsparpotenzial von Effizienzmaßnahmen deutlich. Maßnahmen wie Dämmung, moderne Heizsysteme oder effiziente Elektrogeräte führen oft nur zur Hälfte der erhofften Einsparungen. In manchen Fällen kann der Energieverbrauch sogar steigen, wenn zusätzliche Anreize für mehr Wohnraum, Komfortsteigerung und größere Geräteausstattung geschaffen werden.
Quellen: Die angegebenen Zahlen und Beispiele stammen aus Studien und Veröffentlichungen, u. a. vom Umweltbundesamt, des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (PDF) und des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie (PDF).
Typische Beispiele für Rebound-Effekte in Gebäuden
Rebound-Effekte treten besonders in Haushalten mit Photovoltaik-Anlagen, energieeffizienten Geräten oder wassersparenden Systemen auf. Hier sind einige typische Beispiele aus dem Alltag.
1. Durch erneuerbare Energieerzeugung (z. B. Photovoltaik oder Wärmepumpe)
Spülmaschine: Wird halb voll laufen gelassen, weil der Strom aus der PV-Anlage „kostenlos“ erscheint.
Klimaanlage: Wird häufiger genutzt, wenn die Sonne scheint, da man glaubt, dass der eigene Solarstrom den Verbrauch ausgleicht.
Wäschetrockner: Wird öfter eingesetzt, da man annimmt, dass der selbst erzeugte Strom „umsonst“ ist.
Heizung: Wer eine neue, effiziente Heizung auf Basis erneuerbarer Energien angeschafft hat, achtet in Folge dessen weniger auf sparsames Heizverhalten.
2. Durch mehr Energieeffizienz
Waschmaschine: Läuft häufiger, weil der geringere Verbrauch zum sorgloseren Nutzen verleitet.
Kühlschrank: Wird stärker befüllt, da man denkt, dass der Energieverbrauch minimal bleibt.
Spülmaschine: Wird öfter genutzt, weil sie als energieeffizient eingestuft wird.
3. Durch wassersparende Technologien
Wassersparender Duschkopf: Längere Duschzeiten, weil der Wasserverbrauch als geringer wahrgenommen wird.
Toiletten mit Spartaste: Mehrfache Betätigung der Spültaste, da der reduzierte Wasserverbrauch zu häufigerem Spülen verleitet.
Zisternen-Nutzung: Häufigere Gartenbewässerung oder Autowäsche, weil das gesammelte Regenwasser „kostenlos“ ist.
Diese Beispiele zeigen, dass nicht nur Energieeffizienz, sondern auch Wasserspar-Technologien zu einem veränderten Verhalten führen können, wodurch die erwarteten Einsparungen teilweise wieder aufgehoben werden.
Wie kann man Rebound-Effekte minimieren?
Um Rebound-Effekte zu vermeiden oder zu reduzieren, gibt es verschiedene Ansätze:
Bewusstsein schaffen: Sich der Rebound-Effekte bewusst zu sein, ist der erste Schritt, um ihnen entgegenzuwirken. Reflektiere dein Verhalten und achte darauf, ob du unbewusst mehr Energie verbrauchst.
Technische Lösungen optimieren: Nutze smarte Technologien, die den Energieverbrauch überwachen und optimieren.
Konsumentenverhalten anpassen: Versuche, auch bei verfügbarem „kostenlosem“ Strom bewusst mit Ressourcen umzugehen und unnötigen Verbrauch zu vermeiden.
Diese Strategien können helfen, die volle Wirkung von Energieeffizienzmaßnahmen zu nutzen.